Eigentlich wollten wir gar nicht weiter auf die Kap Verden eingehen, da Sie für uns ja eh nur ein „ Stop Over“ vor der langen Passage über den Atlantik sind. Aber das wäre ein fataler Fehler. Denn wir sind total beeindruckt von diesen Inseln. Wir haben nicht viel Zeit und sehen nur einen Hauch aber dieser reicht um uns in den Bann zu ziehen.
In der Floating Bar genießen wir leckere Cocktails und super Essen. Im Super Markt (was eher ein Konsum gleicht) gehen wir einkaufen und ein netter Angestellter zottelt uns unseren Einkaufswagen direkt zum Boot. Man muss hier mehrere Einkaufsläden und den Märkt anlaufen um alles zusammen zu bekommen. Der Fischmarkt besteht aus einer Straße an der die Menschen am Boden sitzen mit Schüsseln und Brettern auf denen Sie den frischen Fang darbieten. Die Marktfrauen haben alle nur eine Auswahl an frischem Gemüse. Die Papaya gibt es hier ganz viel und Bananen. Alle sind super freundlich und mega Kinderlieb. Mia bietet dem Officer Policia Maritima Ihren Knabberstick an. Er nimmt diesen dankend an und futtert Ihn auf undenkbar in Deutschland. Tim hat für den Polizisten ein Dokument mit unserem Bootsstempel vorbereitet. Er freut sich und stellt es neben seinen Pokal auf.
An einem Tag wecken wir 05:30 Uhr unsere Kinder. Das finden sie nicht witzig. Ist es doch normalerweise Ihr Job uns so früh zu wecken. Umgekehrt ist es fies. Wir fahren 07:00 Uhr mit der Fähre nach Santo Antao auf die Nachbarinsel. Der Security Mann auf der Fähre ist so angetan von Mia, dass er Sie direkt auf den Arm nimmt und Mia knuddelt Ihn sogar. Sehr herzerwärmend. Auf der Insel werden wir von unserem Guide Jerry und seinem Kleinbus empfangen. Das Auto blitzt. Es ist sein Kapital. Wenn Ihr Deutschen denkt Ihr haltet eure Autos sauber, täuscht Ihr euch. Die Autobesitzer auf den Kap Verden putzen jeden Tag mit der Hand fein säuberlich mit viel Hingabe Ihre Autos. Hier gibt es keine schmutzigen Autos. Faszinierend.
Wir starten unsere Tour über eine holprige Asphalt Straße. Karge Landschaft mit ein paar dürren grünen Bäumen. Wie Afrika eben. Es geht steil bergauf und ein weiter Blick über diese trockene Landschaft eröffnet sich uns. Aber das ist nur ein Bild. Später erleben wir spektakuläre Ausblicke über saftig grüne Berge in tiefe Schluchten. Die absolute Stille so weit oben und pure Schönheit dieser Natur lassen einem den Atem stillstehen. Wir fahren eine Küstenstrasse entlang und blicken wieder auf das weite Meer. Tauchen ein in die Zuckerrohr- und Bananenplantagen, eine kleine Rumverkostung inklusive und zu Mittag ein traditionelles Gericht. Ein schöner Ausflug und die Lust noch mehr kennenzulernen von diesen so vielfältigen Inseln. Die Temperaturen sind auch perfekt mit Ihren 28 bis 30 Grad und den ständigen Winden perfekt zum Segeln. Wir bedauern es wirklich sehr nicht mehr Zeit zu haben. Allerdings ist ein passendes Windfenster in Aussicht und die innere Anspannung wächst von Tag zu Tag. Wollen wir doch nun endlich auf den weiten Atlantik und unser finales Ziel ins Auge fassen.
Wir sind wirklich bis zur letzten Sekunde am rödeln. Kann es denn nicht mal etwas entspannter zugehen? Aber anderen Seglern geht es genauso. Wir sind beruhigt.
Somit bleibt es bei Samstag, 27. November 2021. Gemeinsam mit der Lady Blue stechen wir an diesem Tag in See. 10:30 Uhr ist Abfahrt. Ein perfekter Ableger und noch schnell die Dieselvorräte aufgetankt.
Wir dümpeln schaukelnd so aus der Bucht. Dann frischt der Wind auf und wir düsen über das Meer. Unser Adrenalin ist hoch wir sind im Rausch und begeistert. Wenn das weiter so geht sind wir in einer Woche da. . Ein spektakulärer Ausblick auf eine Mondlandschaft von Santo Antao bietet sich uns zum Abschied. Auf einmal flacht der Wind ab, wir sind im Windschatten von Santo Antao. Von nun an ist es ein reiner Kampf mit den Segeln und voranzukommen. Das hält sich leider auch so in der Nacht. Tobias kämpft und die Geräusche in der Nacht sind wieder ungewohnt obwohl wir jetzt schon so oft nachts gefahren sind. Am nächsten Tag haben wir 3-4 Meter hohe Wellen und ordentlich Wind. Lediglich unser stark gerefftes Vorsegel bringt uns richtig zügig voran. Perfekt wir machen gut Strecke. Das bleibt fast die nächsten 6 Tage so. Das Schiff schaukelt durch die Wellen. Mia kämpft die ersten 3 Tage mit Seekrankheit. Sie behält nichts bei sich. Selbst mir mit meinem Scopaderm Pflaster ist dauermäßig flau. Die Schiffsbewegung sind so stark, dass es fast an Hochleistungssport grenzt dauermäßig alles auszugleichen und das auch beim schlafen. Es ist super anstrengend. Dazu kommt der Schlafmangel. Am besten wäre es das ganze Boot mit Antirutschmatten auszulegen. Ständig fliegt irgendetwas durch die Gegend. Wir müssen uns alle erst einmal an diese Art zu leben gewöhnen. Gefühlt geht es nur darum irgendwie Schlaf zu bekommen. Essen machen wobei der Appetit bei allen nicht so groß ist. Kochen. Ein gutes Thema bei dem Wellengang und Geschaukel eine wahre Herausforderung. Aber wir schaffen fast täglich zu kochen und eine warme Mahlzeit auf den Tisch zu bringen. Alles funktioniert nur noch im Ausfallschritt und eine Hand irgendwo zum Festhalten.
Die Geräusche in der Nacht sind auch eine wahre Freude. Im Vorschiff rauscht das Meer ans Boot. Im Salon klappert und kracht das Geschirr und die Gläser. Gefühlt müsste man alle Fächer mit Kissen ausstopfen.
Neben der körperlichen Anstrengung ist die mentale Anstrengung nicht zu unterschätzen. Die eigene Motivation. Eigentlich will man nur irgendwo rumdümpeln und nichts tun, wenn da nicht die Kids wären. Sich zu motivieren und gut gelaunt zu bleiben, das ist die Herausforderung. Wir geben zu in der ein oder anderen Nacht habe wir gedacht wie verrückt muss man eigentlich sein sich das anzutun? Und das auch noch mit den Kindern. Aber diese Gedanken sind wahrscheinlich normal.
Ab dem 7. Tag wird es etwas ruhiger. Die Welle nimmt etwas ab. Wir haben uns ganz gut eingelebt und der Bordalltag beginnt. Wir basteln, backen Plätzchen, spielen, kochen, hören Hörbücher, Tim erfreut sich an seinen neuen DVD’s. Am 1. Dezember leuchten die Kinderaugen auf und erfreuen sich an Ihren Weihnachtskalendern. Selbst am 06. Dezember findet uns der Nikolaus auf hoher See. Unser Boot bietet uns eigentlich genug Platz. Wir haben das Cockpit. Meist am Morgen und Abend gut besucht. Tagsüber ist es teilweise einfach unglaublich heiß. Zum Sonnenuntergang treffen wir uns alle im Cockpit und genießen das weite Blau und uns als kleine Familie. Es gibt Cocktails (alkoholfrei) und schöne Musik. Oder Badespaß für die Kids in Ihrer Wanne mit vorgewärmtem Meerwasser. Am Tag sind wir viel im Salon und nutzen auch gut das Vorschiff. Zum Schlafen, spielen oder Kuscheln.
Auf der Hälfte der Strecke stellen wir die Segel auf die Passatbesegelung um. Ein tiefes Blau um uns herum. Tag ein Tag aus. Täglich grüßt das Murmeltier. Die Welle wird auch wieder größer mit Schaumkronen. Die Nächte werden zum Ende hin teilweise anstrengend, da die Squalls hinzukommen. Der Wind dreht und frischt stark auf. Dazu kommt Regen. Das Ganze dauert nicht lang, hält aber alle im Boot auf Trapp und besonders den Skipper.
Weiteres Leben auf hoher See? Zu Beginn begleiten uns ab und zu an ein paar Möwen. Fliegende Fische gleiten übers Wasser oder verirren sich auch schon mal ganz gern an Deck. Leider sichten wir keine Delfine oder Wale. Mit dem Angeln haben wir wenig Erfolg. Mehrere große Bisse aber wir sind zu schnell und müssten zügig im Boot Fahrt rausnehmen was uns leider nicht gelingt. Sehr zum Leidwesen des Skippers verlieren wir einige Köder und kein Fisch.
In der Anfangszeit hatten wir mal Sichtkontakt mit einem Schiff ansonsten nur mal auf dem Radar oder AIS aber diese waren weit weg. Doch später kommt tagelang gar nichts. Nur wir sind hier draußen. Fühlt sich zumindest so an. Wir sind in den 14 Tagen absolut offline. Kein Internet. Keine sozialen Medien. Keine äußeren Einflüsse. Das weite Meer unser Boot und unsere kleine Familie, unsere eigenen Gedanken und Gefühle. Das ist schon ein irres Gefühl. Lediglich über unser Satellitentelefon halten wir regelmäßig Kontakt mit der Familie. Diese Form des Lebens werden wir wohl in der Form so schnell nicht wieder erleben. Unsere Maupiti schlägt sich tapfer durch die Wellen. Teilweise sind wir wie auf Schienen oder es fühlt sich an wie in einer Achterbahn. Das Salz des Ozeans ist erbarmungslos. Es ist überall. Das Boot fühlt sich an wie ein Fisch in Salzkruste. Im Innenraum ist alles klamm und irgendwie klebrig. Wird man dies Feuchtigkeit und das Salz je wieder herausbekommen?
Wir sind weniger als 50 Seemeilen vom Land entfernt. Der 14. Tag auf See und wir werden bald Land sehen und unser Ziel erreichen. Die Vorfreude ist riesig. Wir sind ein wenig Mürbe und brauchen jetzt viel Schlaf und hoffentlich etwas Erholung. In Summe haben wir dann 5.660 Seemeilen geschafft und davon 2.124 Seemeilen in 14 Tagen auf dem Atlantik. Das sind fast 3.500 km und in Summe fast 10.000 km die wir nun zurückgelegt haben.
Unsere persönlichen Helden der Überfahrt sind die Kinder. Sie haben das so souverän gemeistert. An keinem Tag kam Langeweile oder Genörgel oder sind wir endlich da. Der Drang nach Bewegung wurde mit Fange spielen oder Ball spielen ausgeglichen. So viele Sorgen zu Beginn und sie haben das so toll gemacht. Trotz natürlich auch Anstrengung für uns Sie nebenher zu bespaßen waren Sie an dem ein oder andern Tag unsere Motivatoren. Sie haben sich wie die Profis an Bord bewegt. Bis auf einige blaue Flecken, eine kleine Schnittwunde bei Mia (das wird Ihre Atlantiknarbe, damit kann Sie dann im Jugendalter angeben) Magenverstimmung vom Skipper sind wir gesund durch die Passage gekommen. Was bei diesem Wellengang teilweise und den Schiffsbewegung wirklich meisterhaft ist.
Mein persönlicher Held ist der Skipper, der mit einer leihen haften „Co“ Kapitänin uns stets sicher und souverän über den Atlantik gebracht hat. Bei Tag und Nacht.
Am 12.12.2021 um 15:00 Uhr Ortszeit fällt der Anker. DIE KARIBIK St. Anne Martinique. Wir haben es geschafft. Unglaublich. Glücksgefühle. Staunen. Total erledigt. In unseren Köpfen kommt es noch nicht an. Hierfür braucht es wohl noch ein wenig. Ein Welcome Drink. Tim fragt: „kann ich jetzt mein Glas abstellen ohne Antirutschmatte?“ Bei der Einfahrt in die Bucht sagt er nur „Oh Papa schau mal was für eine schöne Bucht“ Erstes Abtauchen ins warme Nass. Tim freut sich wie ein Kullerkeks. Wir ankern neben der Lady Blue. Sie sind mit uns gestartet und waren ein Tag früher hier. Es ist schön Deutsche zu treffen und jemand mit dem man sich jetzt austauschen kann.
Überwältigt fallen wir früh in ein frisch bezogenes Bettchen. Kein Schaukeln. Eine leichte Brise durchzieht das Boot. Stille. Der perfekte Moment.
DANKSAGUNG
Wir bekamen im Vorfeld so viele liebe Nachrichten auf verschiedenen Wegen und sagen Danke für alle motivierenden Worte. Noch mehr überwältigt uns wie viele uns doch auf der Homepage verfolgt haben. Daheim wurden untereinander Kontakt aufgenommen, um sich nach uns zu erkundigen. Das ist unglaublich und somit waren wir eigentlich nie wirklich allein da draußen. Es gibt uns Kraft und bestätigt uns in unserem Plan. Und glaubt uns. Die Nerven lagen das ein oder andere mal blank.
Ein ganz großes DANKE geht an die Kollegen von Tobias. Ihr seid der Wahnsinn. Was für eine mega Spende. Jetzt können wir unsere Reise um 3 Monate verlängern Ihr seid klasse. Vielen lieben Dank.
Und Marc wollen wir gern noch als unseren Hauptsponsor dieser Reise erwähnen. Du bist klasse. Dankeschön.
Unsere absoluten mentalen Unterstützer sind Frank und Manuela. Sie haben mit Ihrer Tochter in 2017 diese Reise gemacht. Erst jetzt begreifen wir wirklich, was Sie geleistet haben zu zweit und mit Kind. Zu jeder Zeit haben Sie uns Hoffnung gemacht und gesagt „Ihr schafft das“. Dieser Zuspruch hat uns Kraft gegeben.
Also vielen lieben Dank an all unsere Leser, „Verfolger“ Spender. Ab jetzt kommen viele neidvolle karibische Bilder
Super! Wünsche weiterhin viele gute Abenteuer! Liebe Grüße von Boavista, Gabriel
Ihr seid Klasse! Toll was Ihr erlebt und geschafft habt!
Bodo + Carolyn
Glückwunsch zur ersten Atlantikquerung! Toll wie Ihr das gemeistert habt und danke für den spannenden Bericht! Habt schöne Erlebnisse in der Karibik! Birgit
Schön, dass Ihr gut angekommen seid. Und ja, alle Fächer mit Kissen ausstopfen wirkt Wunder. Haben wir auf der Fahrt von Lanzarote nach Gran Canaria gemacht und hatten eine traumhafte Ruhe.
Tolle Zeit in der Karibik!
Herzlichen Glückwunsch zur erfolgreichen Überfahrt.Das ist ja nun mal de Sache die man nicht täglich erlebt und mit großen Herausforderungen verbunden war.Könnt Ihr als gesamtes Team Mega-Stolz auf Euch sein.Danke auch für Eure tollen Berichte.Wir verfolgen das hier ja täglich mit.Auch weiterhin für Eure Aktivitäten der nächsten 4 Monate viel Spaß,mega Erlebnisse und Eindrücke.
Von hier aus Euch Frohe Weihnachten(Für Mia und Tim mit Weihnachtsmann ??) und kommt gut in 2022 an.
LG Ossi und Team
Wieder ein toller Bericht! Danke. Freut mich total, dass ihr die Überfahrt so reibungslos geniessen konntet. Schöne Zeit in der Karibik und weiterhin immer eine handbreit Wasser unterm Kiel.
Liebe Grüsse aus Lanzarote,
Susanne & Bernd
SY Hullu Poro